Mit Diplomabschluss – die Ausbildung zum Naturheilpraktiker in der Schweiz

Kaum eine europäische Nation weist prozentual einen derart hohen Anteil an Naturheiltherapeuten auf wie die Schweiz. Doch wie erfolgt die Ausbildung dafür eigentlich und mit welchen Inhalten ist sie gefüllt?

Allgemeines zu den Heilberufen
Bis zum Jahr 2015 war der Beruf des Naturheilpraktikers in der Schweiz nicht gesetzlich definiert – er konnte von Personen mit medizinischen Vorkenntnissen lediglich über eine Weiterbildung erlernt werden. Erst eine Initiative des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation sorgte dafür, dass eine Ausbildung neben der Schulmedizin auch für alternative Heiltherapien angeboten wird. Ein Grund dafür dürfte der Umstand gewesen sein, dass die Naturheilverfahren in der Schweiz deutlich stärker von der Bevölkerung akzeptiert werden als in anderen europäischen Ländern. Seit 2015 ist es daher möglich, eine offizielle und in allen Kantonen anerkannte Ausbildung in diesem Bereich zu absolvieren und sie mit dem Diplomabschluss etwa als Naturheilpraktiker oder als Komplementärtherapeut erfolgreich zu beenden.

Voraussetzungen für die Ausbildung
Im Gegensatz zu einer Weiterbildung erfordert die reine Ausbildung zunächst keine Vorkenntnisse oder sogar ein tieferes medizinisches Wissen. Dennoch sollten Bewerber, die sich für eine Lehre von insgesamt drei Jahren interessieren, durchaus eine Faszination für den Heilberuf mitbringen. Ebenso erwünscht ist ein allgemein offener und kommunikativer Charakter – im Vergleich zur Schulmedizin werden Diagnosen oft erst im Rahmen mehrstündiger Gespräche mit dem Klienten erstellt. Die Fähigkeit zum Zuhören sollte daher ebenso vorhanden sein wie das Gespür, die passenden Fragen zur richtigen Zeit zu stellen. Wer den Diplomabschluss anstrebt, muss übrigens keine besonderen schulischen Leistungen vorweisen können – die Ausbildung richtet sich somit an alle Personen, die an der Naturheilkunde interessiert sind.

Fachrichtungen nach Wunsch
In der Schweiz wird die Ausbildung im Bereich der alternativen Medizin sowohl von staatlich geführten als auch von privaten Einrichtungen angeboten. Um einheitliche Qualitätsstandards zu gewährleisten, decken sich die Inhalte der Lehrzeit nahezu vollständig. Gleich ist beiden Wegen somit, dass sich der angehende Naturheilpraktiker für eine von vier Fachrichtungen entscheiden darf. Neben der allseits bekannten Homöopathie sowie der Traditionellen Chinesischen Medizin kann der Diplomabschluss auch in der Europäischen Naturheilkunde sowie in der traditionellen indischen Ayurveda-Medizin angestrebt werden. In jedem der genannten Bereiche muss der Auszubildende insgesamt sieben unterschiedliche Module belegen – und diese auch stets besuchen. Die Lehrzeit ist relativ straff organisiert, allzu häufig sollten die Vorlesungen daher nicht versäumt werden. Es gilt eine Anwesenheitspflicht.

Theoretische und praktische Kenntnisse
In der drei Jahre andauernden Lehrzeit erlangt der künftige Naturheilpraktiker aber nicht alleine Einblicke in die fachspezifischen Themen. So erwirbt er zudem eine medizinische Grundausbildung. Auch in der Praxis wird dem Bewerber einiges abverlangt: Im zweiten und dritten Lehrjahr muss er seine Fertigkeiten zunehmend im direkten Kontakt zu seinen Patienten unter Beweis stellen. Zwar wird er dabei in einem Umfang von insgesamt 400 Behandlungsstunden von einem ihm zugeteilten Lehrer oder einem Ausbilder begleitet. Im Rahmen ihrer Aufsicht soll der Auszubildende aber in die Lage versetzt werden, Diagnosen eigenständig zu erstellen und Behandlungsmethoden individuell auszuwählen. Gelingt ihm das, steht dem Diplomabschluss und dem Start in die neue berufliche Karriere nichts mehr im Wege.